1 TELEPHON VI.4377 BERLIN, W. 10. 3.3.98. FRIEDRICH WILHELMSTR. 13. Verehrter Herr! Wie ich gesehn habe, gehören Sie zum Komitee des Ibsen-Ban= kets und ich erlaube mir daher, Sie zu bitten, einem jungen genialen Künstler Ihre Protektion zu gewähren. Ich hörte nämlich, daß Hans Pfitzner, der uns befreun= det und Ihnen ja auch bekannt ist, Aussicht hat, eine Scene des von ihm komponirten "Festes auf Solaug" bei Gelegenheit des Ban= kets aufgeführt zu sehen. Die Ent= scheidung, die für ihn, einen noch we= nig bekannten, schwer ums Leben kämpfen= den Künstler, von allergrößter Bedeu= tung ist, liegt in den Händen des Komitees. Zunächst hat Herr Philipp Stein die Sache in der Hand; er ist es, der Pfitzner auch schon Hoffnung ge= macht hat. Trotzdem wende ich mich noch an Sie, da ich mit Sicher= heit annehmen, daß Ihre Meinung mit den Ausschlag geben dürfte. Auch weiß ich, daß Ihnen Pfitzners "Armer Heinrich" bekannt ist, Sie 2 also zu den Wenigen gehören, die ein selbständiges Urteil über ihn haben können. Jedenfalls würde, falls das Komitee sich für die Auf= führung entscheidet, Herrn Pfitzner energisch vorwärts geholfen werden, was bei seiner großen Begabung, auch im allgemeinen Kunstinteresse nur von Vorteil sein kann. Ich hoffe also sehr auf Ihre Fürsprache! Dr. Ploetz sagte uns vor einiger Zeit, daß wir Sie einmal bei ihm sehen würden. Leider ist vorläufig nichts daraus geworden, sonst hätte ich Ihnen meinen Wunsch mündlich vorgetragen. Mit den freundlichsten Empfehlun- gen von meinem Mann und mir Ihre ergebene Lily Braun