Schreibschrift lesen:
Eine Einführung in die deutsche Schreibschrift im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Deutsche Schreibschrift (oder: Kurrentschrift)
Die deutsche Kurrentschrift/Schreibschrift wurde als Handschrift von der frühen Neuzeit an bis in die 1940er Jahre im Alltagsgebrauch verwendet und ist der Gegensatz zur Buchschrift. Sie kennzeichnet sich durch die Unterschiedlichkeit der Buchstabenformen aus: es wurden „deutsche“ statt „lateinische“ Formen verwendet. Einige Formen der deutschen Schreibweise sind uns deshalb heute nicht mehr bekannt.
Deutsche Schriften:
Fraktur (im Bild hellblau markiert)
- Buchschrift, Schmuckschrift, Hervorhebungen
- Charakteristika: Brechung und unverbundene Buchstaben
Kanzlei (im Bild dunkelblau markiert)
- Schreibschrift halbkurrent/halbkursiv
- Charakteristika: gerundete Brechung, Annäherung der Buchstaben innerhalb des Wortes
Kurrent (im Bild lila markiert)
- Schreibschrift, Kursive
- Charakteristika: Verbindung/Verschleifung der Buchstaben
Lateinische Schriften:
(im Bild grün markiert)
- Humanistische Schrift / Antiqua, humanistische Kursive
Entwicklung der deutschen Schreibschrift im 19./20. Jahrhundert
Veränderungen der Schrift im 19. Jahrhundert
- Zunehmende Brechung von Buchstaben, die in älteren Formen kursiver geschrieben wurden
- Schrägrechtsduktus wird gegen Ende des 19. Jh. von Tendenz zur Steilschrift abgelöst
Sütterlin-Schrift (1911-1941)
- Aufrechter Duktus
- Verkürzte Ober- und Unterlängen
- Vereinfachte Buchstabenformen
Ende der deutschen Schreibschrift in den 1940er Jahren
- „Normalschrifterlass“ 1941: Verbot der Kurrentschrift im Schulunterricht, der gebrochenen Schrift (Fraktur) in Druckwerken
Kategorien bei der Schriftbeschreibung
Folgende Beschriffe werden bei der Schriftbeschreibung verwendet:
Brechung:
Brechung (gebrochene Schrift) vs. Kursivierung (Kursiven, Schreibschriften)
Proportionen der Buchstaben:
Mittelband – Oberlängen – Unterlängen
Duktus:
Neigung der Schrift
Musteralphabet der Schreibschrift mit Beispielen
Die folgenden zwei Tabellen zeigen die schematischen Formen der Buchstaben des Alphabets und Beispiele von Autorinnen aus dem 19. und 20. Jahrhundert.
Literaturhinweise
Digitale Plattformen
- Digitale Schriftkunde der Staatlichen Archive Bayerns: https://www.gda.bayern.de/DigitaleSchriftkunde/index.html
- Ad fontes – Eine Einführung in den Umgang mit Quellen im Archiv (Universität Zürich): https://www.adfontes.uzh.ch/
Literaturhinweise
- Mayrhofer, Willibald, Weichenberger, Josef, Schriftbeispiele. Handschriften des 15. bis 20. Jahrhunderts, 7., erw. Aufl., Linz 2018.
- Kolbinger, Willihard, Die alte deutsche Schrift. Einführung, Schreib- und Leseübungen, Texte aus der Geschichte Pfaffenhofens (D‘Hopfakirm 40), Pfaffenhofen 2008.
- Deutsche Schriftkunde der Neuzeit. Ein Übungsbuch mit Beispielen aus bayerischen Archiven, bearb. v. Elisabeth Noichl u. Christa Schmeißer (Sonderveröffentlichung der Staatlichen Archive Bayerns 5), München 2006.
- Süß, Harald, Deutsche Schreibschrift. Lesen und Schreiben lernen, München 2000.
- Dülfer, Kurt, Korn, Hans-Enno, Schrifttafeln zur deutschen Paläographie des 16.-20. Jahrhunderts, 10., überarb. Aufl., bearb. v. Karsten Uhde (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 2), Marburg 1998.
- Sturm, Heribert, Einführung in die Schriftkunde (Bayerische Heimatforschung 10), München 1955.
- Sturm, Heribert, Unsere Schrift. Einführung in die Entwicklung ihrer Stilformen, Neustadt an der Aisch 1961.