Frawenzimmer. Das neue Magazin!
Das Projekt “Frawenzimmer” entstand im Rahmen des Hackathons Coding Gender und greift auf ironische Weise das heutige Genre der Frauen- und Klatschzeitschriften auf und verbindet es mit historischen Quellen aus den digitalisierten Beständen der SBB. Ein Großteil der aktuell verhandelten Themen und Diskurse hat bereits lange Tradition! Dabei ist auch der Tonfall entscheidend, denn was in historischen Quellen oft nüchtern und betont sachlich erscheint, bedient damalige Geschlechterordnungen und Machtstrukturen. So werden auf vermeintlich wissenschaftlicher Basis Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu legitimieren versuchten.
Alte Diskurse in aktuellen Frauenzeitschriften
Eine der wichtigsten Beobachtung war, dass diese sich strukturell nicht weit von denen der Frauen- und Klatschzeitschriften unterscheiden und diese bis heute fortgeschrieben werden. Themen waren u. a.: vergeschlechtlicht vermarktetes Spielzeug, Fokus auf Bekleidung bei durch Frauen ausgeführtem Sport, Topos des größeren Sexualtriebes beim Mann und damit verbunden ausgeführten Handlungen sexualisierter Gewalt, Schuldmythos bei Krebserkrankungen, Tipps für Sex, unterschiedliche Erwartungen an Mütter und Väter, Rolle der Frau als Fürsorgerin, Gender pay gap usw.
Titelblatt von „Frawenzimmer“ – durch Klick auf die roten, pulsierenden Punkte werden die zugehörigen Digitalisate aufgerufen
In dem der reißerische Tonfall und sprachlichen Duktus von Klatschzeitschriften imitiert wird, soll einer breiteren Zielgruppe die historischen Texte nähergebracht und sie so zum Diskutieren anregt werden. Hier zeigt sich auch eine weitere Übereinstimmung zwischen den ausgewählten historischen Texten und dem Format heutiger Frauenzeitschriften: als Texte, die über bzw. für Frauen geschrieben werden, sind sie oft präskriptiver Natur: sie sind belehrend, geben (gutgemeinte) Ratschläge, und erklären, was Frauen tun und was sie besser lassen sollten. Diese Kontinuitäten sollten mit dem Projekt sichtbar gemacht werden und auch den Einstieg in die historischen Texte, durch sogenannte Teaser – wie sie eben auf Covern von Klatschzeitschriften auch eingesetzt werden – erleichtern.
Die Artikel und Abbildungen im “Frawenzimmer” sind selbst Ausschnitte aus den historischen Quellen, nur Überschriften und Layout wurden neu erstellt und an das Genre der Frauen- und Klatschzeitschrift angelehnt. Jeder Artikel enthält die Angabe mit direkter Verlinkung zum digitalen Datensatz der Staatsbibliothek.