Lou Andreas-Salomé – Interaktives Storytelling

Außergewöhnlicher Fund im Rahmen des Hackathon Coding Gender: das Handy von Lou Andreas-Salomé! Sie war klug, beliebt und wahnsinnig gut vernetzt, die Psychoanalytikerin und Schriftstellerin Lou Andreas-Salomé; eine wahre Influencerin ihrer Zeit. Doch wirkt sie auf den schwarzweißen Bildern, die wir heute von ihr betrachten können, eher unnahbar, verschlossen und ernst. Andreas-Salomé schrieb zahlreiche Erzähltexte, studierte bei Sigmund Freud und forschte dann selbst auf dem Gebiet der Psychoanalyse. Doch dafür ist sie heute kaum noch jemandem bekannt. Stattdessen wird sie meistens als eine Art Muse anderer Intellektueller erinnert, da sie als junge Frau mit Paul Rée und Friedrich Nietzsche, später mit Rilke enge Beziehungen führte.

Storytelling: Von der Muse zur Influencerin

Lou Andreas-Salomé, c. 1897. Mit Blindstempel des Atelier Elvira, München

Im Projekt „Lous Handy“, das beim allerersten Kulturhackathon Coding Gender der Staatsbibliothek zu Berlin ins Leben gerufen wurde, soll eine andere Perspektive auf die Frau geworfen werden, die ihr Leben so selbstbestimmt und frei gestaltet hat. Dabei ist Lous Leben nur ein Beispiel für ein Frauenleben, das mit Hilfe eines alternativen Storytellings, so wie es hier für Lou entwickelt wurde, aufbereitet werden kann. So ist das prototypische Projektergebnis auch nur ein erster Schritt hinein in das DatensetIndividual Lives – Lebensdokumente einzelner Personen„, das beim Hackathon von der Staatsbibliothek zu Berlin zur Verfügung gestellt wurde.

Brief? WhatsApp!

Um ihre Geschichte einmal neu und anders erzählen zu können, las das Team Lous Handy ihre Briefe an Gerhard Hauptmann und dessen Frau Margarete, entzifferte ihre Handschrift und machte daraus digitale Texte. Dazu gehören auch die Briefe, die Friedrich Nietzsche an sie geschrieben hatte sowie digitale Versionen ihrer Erzählungen, ihrer Romane und Sachtexte. Auch die biografischen Texte über sie nach den Menschen, mit denen sie Freundschaften pflegte, von denen sie sich intellektuell inspirieren ließ, die sie liebte und die sie liebten wurden ausgiebig durchforstet. Die prototypische App, die dann entwickelte wurde und die Geschichte, die damit erzählt wird, möchte von ihrer Person ausgehend die Nutzer*innen in ihr Werk hineinführen. Dazu wurden die gebündelten Daten noch weiter analysiert. Dazu kam das Methodenspektrum der Digital Humanities zum Einsatz, darunter Netzwerkanalysen mit Gephi, erstellte Topics mit dem DARIAH-Topics-Explorer und stilometrische Untersuchungen mit dem R-Paket Stylo.

Das Ergebnis im Screencast

In der Rahmenerzählung der Projektpräsentation verbirgt sich die ganze Geschäftigkeit des 1,5 Tage dauernden Hackathons so gut es ging. Schließlich sollten ja nicht die Teilnehmenden im Mittelpunkt stehen, sondern Lou Andreas-Salomé. Und so erzählt hier das Team selbst, wie sie durch einen Zufall das Handy von Lou gefunden hätten. Aber seht selbst:

Was passiert nun mit „Lous Handy“? Im Projekt steht vor allem das alternative Storytelling im Mittelpunkt. Die Rückbindung der Lebenswirklichkeit intellektueller Frauen an ihr Werk und auch die Darstellung von Frauen als eigenständige intellektuelle Persönlichkeiten bleibt auch nach dem Coding Gender Hackathon ein dringendes Anliegen. „Lous Handy“ wird voraussichtlich als Prototyp in ein oder mehrere Projekte der universitären Lehre eingebunden, in dem Studierende der Literaturwissenschaft selbst die Geschichte von Dichterinnen und Denkerinnen einmal anders erzählen können.