Sind Sie auch irritiert, wenn Sie im Bibliothekskatalog in direkter Nachbarschaft zum Schlagwort „Antikolonialismus“ den kontrovers diskutierten Begriff „Indianer“ entdecken? Haben Sie sich auch schon über die Zusammenstellung von Büchern zum Thema „Frauen und Familie“ gewundert?
Diese Beispiele zeigen, dass Bibliotheken – entgegen einer weitverbreiteten Vorstellung – keineswegs wertneutrale Orte sind, an denen Wissen „nur“ gesammelt und zugänglich gemacht wird. Denn tägliche bibliothekarische Arbeiten wie Erwerbung, Klassifizierung und Präsentation von Medien ist geprägt von Wertung, Auswahl und Normierung. Diese bibliothekarischen Praktiken lassen sich somit als epistemische, d. h. als wissens- und erkenntnisbezogene Prozesse fassen. Sie bergen dadurch immer auch die Gefahr der Exklusion und Diskriminierung von Elementen, die mit den angewandten normativen Schemata nicht konform sind, und können somit einer diversitätsorientierten Wissensorganisation im Weg stehen.
Um Normierungs- und Diversitätsaspekte in Bibliotheken sichtbarer zu machen, sollen im digitalen Denklabor bibliothekarische Fallbeispiele mit normalisierungskritischen Ansätzen wie Queer Theory, dekonstruktivistischen, intersektionalen und postkolonialen Theorien in Verbindung gebracht werden.